06. Februar 2022 Volkswirtschaftslehre

Inflation – ein Gespenst geht um

Inflation war in Deutschland jahrzehntelang kein Thema, nur eine tiefsitzende Erinnerung, ein doppeltes nationales Trauma. Während sich die von den Notenbanken spätestens seit der Finanzkrise betriebene kontinuierliche Geldmengenausweitung lange Zeit primär nur als Asset Price Inflation (Vermögenspreisinflation), primär in den Bereichen Aktien und Immobilien, zeigte, so ist das „Gespenst Inflation“ nun aus seinem Schattendasein unserer nationalen Erinnerung aufgetaucht und im Alltag angekommen. Alltag ist hierbei der Konsumentenpreisindex auf nationaler Ebene (VPI) bzw. auf europäischer Ebene (HVPI) – oder anders formuliert: der Warenkorb, den Durchschnittsverbraucher pro Jahr konsumieren.

Kurz gesagt: wir alle spüren Inflation in einer lange nicht mehr erlebten Härte.

Der beigefügte Vortrag, vor wenigen Monaten gehalten, versucht, das Thema Inflation hinsichtlich der Begriffe und Zusammenhänge zu vermitteln und zur Diskussion rund um dieses ebenso spannende wie auch uns alle betreffende Thema anzuregen.

Die Zahlen im Vortrag wurden bereits wieder von der Realität überholt, aber die Richtung der Diskussion ist nicht verändert seitdem – sondern verschärft.

Ist der aktuelle Inflationsschub also „schlimm“? Ist er nur temporär oder stehen wir vor einer Phase signifikanter Inflation – kombiniert mit realwirtschaftlicher Flaute – also gar einer Stagflation?

Während auf die zweite Frage noch sehr unterschiedliche Antworten gegeben werden angesichts vieler offenen weltwirtschaftlicher und (geo-)politischer Unwägbarkeiten und Detailfragen, so ist die Antwort auf die erste Frage eine uralte: Es kommt darauf an und ist sehr individuell.

Dazu nur ein paar Gedanken zur Anregung:

Für „typisch deutsche“ Geldanleger, die Anlagen in Aktien meiden und nur zinslose Anlagen tätigen, sind die Verluste sicher. Aber auch für Schuldner ist die Betrachtung keineswegs einfach („Inflation ist gut für die Schuldner“), denn z.B. in der typischen Situation des Bauprojektes stehen einer realen Entwertung der aufgenommenen Schulden im Zeitablauf auch extreme Preissteigerungen im Bauprojekt gegenüber, die zu einer wesentlich höheren Verschuldung zwingen. Dazu kommt die Verbraucherpreisinflation. Wird diese Entwicklung durch adäquate Lohnsteigerungen kompensiert, drohen die gefürchteten Zweitrundeneffekte mit der Gefahr einer sich verstetigenden oder gar beschleunigenden Inflation.

Diese sich seit einigen Monaten abzeichnende Entwicklung habe ich in einem Vortrag im November 2021 versucht, verständlich darzustellen. Der rege Zuspruch der Zuhörenden bei insgesamt drei Veranstaltungen, vor allem aber die jeweils ausgelöste intensive Diskussion, brachten mich auf die Idee, den Vortrag zu veröffentlichen.

Er hat keinen Anspruch auf wissenschaftliche Präzision in allen Details, aber ich denke, er deckt die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge brauchbar ab.

Viel Spaß – und über Rückmeldungen würde ich mich freuen!

 

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